Ein Geburtstermin wird nach dem Termin der letzten Regelblutung vor der Schwangerschaft beziehungsweise nach dem Ultraschall in der Frühschwangerschaft berechnet. Aber die wenigsten Kinder kommen genau am berechneten Tag zur Welt. Viele machen sich früher auf den Weg, manche erst später.
Die Terminüberschreitung (bis zum 13. Tag nach dem berechneten Termin ist das Kind noch nicht geboren) kann ein Grund für eine Geburtseinleitung sein, da das Kind bis zur und auch noch unter der Geburt gut versorgt sein soll. Andere Gründe für eine Einleitung können ein vorzeitiger Blasensprung (Blasensprung ohne das zeitnahe Einsetzten von Wehen), ein besonders groß geschätztes Kind, der Verdacht auf ein vermindertes Wachstum des Kindes, eine Veränderung der Fruchtwassermenge, schwangerschaftsbedingte Erkrankungen der werdenden Mutter oder weitere individuelle Veränderungen sein.
Das Ziel einer Geburtseinleitung ist es, ein für die Mutter und für das Kind besseres Geburtsergebnis zu erreichen, als es bei einem abwartenden Verhalten zu erwarten wäre.
Mit der Schwangeren werden bei Bedarf in der entsprechenden Geburtsklinik Gründe, Vor- und Nachteile einer Geburtseinleitung besprochen. Gegebenenfalls wird diese anschließend nach gemeinschaftlicher Entscheidung begonnen oder geplant.
Die Einleitung einer Geburt findet bei ca. 20-25% aller Schwangerschaften statt.
Je nach dem Befund des Muttermundes und der Vorgeschichte der werdenden Mutter (frühere Operationen, Geburten) gibt es verschiede Möglichkeiten für eine Einleitung. In Frage kommen einerseits Medikamente zum Schlucken, zum Einführen in die Scheide und als Infusion und andererseits die sanfte Dehnung des Muttermundes mit einem Hilfsmittel, wie z. B. einem Katheter. Dabei sollen bei der Einleitung die Geburtswehen nur angestoßen werden. Entwickelt die Schwangere dann Wehen, die den Muttermund weiter öffnen, beginnt die eigentliche Geburt. Niemand kann vorhersagen, wann genau die Geburtswehen beginnen. Bei erstgebärenden Frauen dauert eine Einleitung in der Regel etwas länger als bei mehrgebärenden Frauen. Eine Geburtseinleitung findet im Rahmen eines stationären Aufenthaltes in der gewählten Geburtsklinik statt, wo die Schwangere von Ärztinnen/Ärzten und Hebammen betreut wird.
Stillen – Physiologie und Pathologie
Physiologie der Milchbildung
Hauptnährstoffe der Muttermilch sind Laktose (Kohlenhydrat; Milchzucker), Fette und Proteine – diese werden in den milchbildenden Zellen der Brust gebildet.
Die Milchbildung beginnt mit ca. 16 Schwangerschaftswochen.
Der Eiweißgehalt der Muttermilch ist mit ca. 1% vergleichsweise niedrig. Die Nieren und der Kreislauf des Kindes werden nicht belastet. Die Laktose als Kohlenhydrat deckt ca. 40% des Energiebedarfs der Muttermilch, Fett ca. 55 %. Muttermilch enthält viele antientzündliche und antibakterielle Inhaltsstoffe und ist für die Ausbildung einer gesunden Darmflora wichtig.
Der Kaloriengehalt von Muttermilch kann von etwa 60kcal/100ml am Beginn einer Stillmahlzeit bis zu 95kcal/100ml gegen Ende der Stillmahlzeit betragen.
Kolostrum enthält Antikörper, ist daher dickflüssig und gelblich aufgrund des enthaltenen Carotins. Es fördert die Ausscheidung von Mekoniums, stabilisiert den Blutzucker und regt das Wachstum spezieller Milchsäurebakterien an – am ersten Tag nehmen die Neugeborenen 2-7 ml Kolostrum/Stillmahlzeit zu sich, am 3 Tag 20 ml und mehr pro Stillmahlzeit.
Nur sehr wenige Inhaltsstoffe der Muttermilch lassen sich durch die Ernährung der Mutter beeinflussen, am relevantesten sind Eisen, Jod und Vitamin D. Der Jodgehalt der Muttermilch korreliert mit der Jodzufuhr durch die Ernährung der Mutter und ist essenziell für die Entwicklung der kindlichen Schilddrüse, weshalb eine ausreichende Versorgung der Mutter sicherzustellen ist. In Deutschland und Österreich soll die Mutter laut Empfehlung während der Stillzeit 100μg Jod/ Tag zu sich nehmen.
Prinzipiell ist Pre-Nahrung als einzige Formulanahrung über den gesamten Zeitraum bis zur Einführung von Kuhmilch empfohlen. Andere Milchstufen (1er, 2er) sind nicht erforderlich bzw. können Adipositas fördern.
Mit der Plazentaloslösung beginnt der Abfall von Progesteron; Prolaktin als Schlüsselhormon der Milchbildung stimuliert nun ungehindert die milchbildenden Zellen der Brust. Gekennzeichnet sind diese Vorgänge durch die initiale Brustdrüsenschwellung, auch„Milcheinschuss“ genannt. Die Schwellung ist durch eine vermehrte Ansammlung von Lymphflüssigkeit im Gewebe bedingt – es kommt zu Spannungsgefühl, Empfindlichkeit, vermehrter Venenzeichnung, der Drüsenkörper wird fester, die Brust größer. Die initiale Brustdrüsenschwellung dauert meist 24 Std. und kann bis zu 2 Wochen dauern.
Etwa in den ersten 2 Wochen etabliert sich die Bildung der reifen Milch. Dieser anfangs nur endokrin gesteuerte Vorgang wird zunehmend zu einem autokrinen Prozess, d.h., dass sich die Milchproduktion nach Häufigkeit und Grad der Entleerung richtet. Milch, die in der Brust verbleibt, reduziert die Nachbildung der Milch über das milchhemmende Protein „feed back inhibitor of lactation“ (FIL).
Das Saugen des Kindes an der Brust stimuliert die Ausschüttung von Prolaktin (und Oxytozin) – diese spielen gemeinsam mit der Entleerung der Brust die maßgebliche Rolle für die Milchmenge sowie die Etablierung und Aufrechterhal tung der Milchbildung. Neben Prolaktin ist Oxytozin für das Stillen essenziell. Oxytozin wird durch Stimulation der Mamille und des Brustgewebes pulsierend ausgeschüttet und ist für das Auslösen des Milchspendereflexes („let down reflex“) verantwortlich.
Stillmahlzeiten variieren im Tagesverlauf. Durchschnittlich trinkt ein Säugling etwa 4 Wochen nach der Geburt konstant 700–800ml/Tag – während die Menge bei der Flaschenfütterung kontinuierlich steigt, bleibt die aufgenommene Nahrungsmenge und damit auch die Zufuhr von Eiweiß über die Monate des ausschließlichen Stillens gleich – dieses beugt der Entstehung von Diabtes mellitus und Übergewicht vor.
Ein gesundes Kind gedeiht perzentilenparallel , nimmt in den ersten 3 Monaten zwischen 170 und 330g/Woche zu, scheidet regelmäßig Harn und Stuhl aus und entwickelt sich altersentsprechend. Sind diese Eckpunkte gewährleistet, besteht kein Milchmangel, obwohl dies eine häufige Sorge der Eltern und der Familie ist.
Stillzeichen: schnelle Augenbewegungen, Lecken an den Lippen, herausgestreckte Zunge, Saugbewegungen, Hand am Mund, Bewegungen von Kopf und Körper, Unruhe, Weinen.
In den ersten Wochen sollte Stillen ca. alle 1-3 Stunden erfolgen. Eine einmalige Stillpause von 5 Stunden ist akzeptabel.
An einer Brust sollte so lange gestillt werden, bis der Säugling gesättigt erscheint (15-20 min), erst dann sollte die zweite Brust angeboten werden. Auf diesem Weg wird der Milchspendereflex ausgelöst und eine ausreichende Entleerung der Brust gewährleistet.
Vor allem in den ersten Wochen kommt es regelmäßig zu sog. Clusterfeeding-Episoden (meist in den frühen Abendstunden), in denen der Säugling über mehrere Stunden in sehr kurzen Abständen kleine Stillmahlzeiten einnimmt, unterbrochen von kurzen Schlafpausen. Häufiges Wechseln der Seite, an der das Kind stillt, ist in dieser Phase typisch und unterstützt das erneute Auslösen eines Milchspendereflexes. Uneingeschränktes Stillen nach Bedarf, einschließlich Clusterfeeding-Phasen in den ersten Wochen, sichert die Milchbildung für die nächsten Monate und ermöglicht eine differenzierte Kommunikation zwischen Mutter und Kind (Bindungsförderung).
Anfänglich sollten beim Stillen beide Seiten angeboten werden, um den Milchspendereflex auszulösen.
Wie saugt das Kind optimal an der Brust?
– es ist mehr Brustgewebe von der Unter-als von der Oberlippe erfasst
– neben dem Kinn berührt auch die Nasenspitze die Brust
– das Kind zur Brust führen, nicht umgekehrt – Gesicht zeigt zur Brust, der Kopf ist leicht nach hinten geneigt– Ohr, Schulter, Hüfte sollten beim Kind eine gerade Linie bilden
– der Mund des Kindes ist weit geöffnet, der Unterkiefer erfasst das Brustgewebe zuerst, die Brustwarze und etwas Brustgewebe verschwinden in der Mundhöhle, die Zunge liegt über der unteren Zahnleiste, die Brustwarze liegt kurz vor weichem Gaumen, die Unterlippe ist nach außen gestülpt, das Kinn berührt wie die Nasenspitze die Brust, der Kopf ist leicht nach hinten geneigt.
Das Kind sollte nicht zu hungrig sein, da es sonst erst getröstet werden muss. Achten Sie auf eine angenehme Umgebung und bequeme Sitz- und Liegeposition. Neben gutem Gedeihen sind mnds. sechs nasse Windeln in 24 Std ab dem viertem Tag nach Geburt Zeichen für eine normale Milchbildung.
Der Kalorienbedarf stillender Mütter ist 400-500 kcal. höher, er sollte 1800 kcal. nicht unterschreiten.
Der Zustand der Mamillen ist entscheidend von Stilltechnik und-position abhängig. Beim Einsatz von Stillhilfsmitteln (wie Pumpen und Stillhütchen) ist auf deren korrekte Anwendung zu achten. Bei anatomischen Faktoren des Kindes (wie z.B. einem zu kurzes Zungen- oder Lippenband) soll eine kausale Therapie erfolgen. Neben dem korrekten Anlegen und Positionieren des Kindes unterstützen wechselnde Stillpositionen und Maßnahmen zur Auslösung des Milchspendereflexes (Oxytocinmassage) die Behandlung wunder Mamillen. Lokal wird die topische Verwendung von hochgereinigtem Lanolin empfohlen. Stilleinlagen sollen häufig gewechselt und luftdurchlässige Artikel bevorzugt werden. Kann das Kind aufgrund starker Schmerzen nicht angelegt werden, sollte die betroffene Brust, so häufig wie vorher gestillt wurde, manuell oder mechanisch effizient entleert werden. Auch auf die sorgfältige Reinigung der Mamillen (unter Anwendung steriler Kochsalzlösung, pH-neutraler Seifenlösung oder eines Antiseptikums) ist zu achten. Sind die Mamillen infiziert, stellen sie ein hohes Risiko für eine Brustdrüsenentzündung dar.
Wunde Brustwarzen
Wunde Brustwarzen entstehen z.B. durch die falsche Anlegetechnik, ein zu kurzes Zungenbändchen und in den ersten Tagen des Stillens durch Dehnung der Brustwarze und noch nicht mit Milch gefüllte Milchgänge.
Prävention/Therapie wunder Mamillen: Stilleinlagen oft wechseln, Brust nicht austrocknen lassen, Muttermilch an Luft trocken lassen, Lanolin dünn auftragen, gute Handhygiene, Wundreinigung nach dem Stillen, Feuchtigkeit meiden, NaCl, Octenisept.
Mangelnde Milchbildung
Meist ist ein empfundener Milchmangel nicht objektivierbar. Eltern können aufgrund von z.B. Clusterfeeding-Episoden, unterschiedlich langen Stillmahlzeiten u.a. verunsichert sein.
Entscheidend ist ein perzentilengetreues Gedeihen der Kinder (s.o.), 4-6 nasse Windeln/Tag, 3x Stuhlgang/Tag in den ersten 6 Lebenswochen, die Brust ist nach dem Stillen weicher als zuvor, das Kind schluckt u.a.
Folgende Faktoren können eine mangelnde Milchbildung zur Folge haben:
– unzureichendes Drüsengewebe in der Brust
– Plazentareste
– Adipositas
– Untergewicht
– mangelnde Stimulation der Brust
– zu frühes Zufüttern
– Medikamenteneinnahme
– Schilddrüsenfunktionsstörungen
– Anämie
Gewichtsentwicklung
10 Tage nach Geburt sollte das Geburtsgewicht wieder erreicht sein – ist das nicht der Fall, sollte das Stillverhalten überprüft werden und mit Pre-Nahrung zugefüttert werden. Bis zu einem Alter von zwei Monaten nehmen Kinder ca. 170 g- 330 g/ Woche zu, mit drei bis vier Monaten verdoppeln die Kinder meist ihr Geburtsgewicht.
Stillhütchen
Geeignet für Frauen mit flachen Mamillen, Babys die die Mamille unzureichend aufnehmen, Babys die den Mund nicht weit genug öffnen, Babys die rasch einschlafen und bei wunden Mamillen.
Schnuller
Schnuller begünstigen non-nutritives Saugen an der Brust. Für nicht gestillte Kinder haben Schnuller eine SIDS (plötzlicher Kindstod)-präventive Wirkung. Wenn Kinder unproblematisch gestillt werden, sind Schnuller unbedenklich. Ein intensiver Gebrauch steht in Zusammenhang mit Kieferfehlstellungen und Sprachentwicklungsstörungen. Ob ein Schnuller das Stillen stört oder zu frührerem Abstillen führt ist strittig. Grundsätzlich sollte er frühestens angewandt werden, wenn das Stillen gut funktioniert.