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Sexualität

Sexualmedizinische Probleme sind weit verbreitet, viele Männer und Frauen leiden im Laufe ihres Lebens darunter. Oft scheuen betroffene Patientinnen und Patienten diese anzusprechen. Wir möchten Ihnen im Folgenden eine Übersicht geben. Scheuen Sie bitte nicht, uns bei entsprechenden Beschwerden oder Sorgen anzusprechen.

Sexualität und Gewalt


Erst seit 1997 gilt die Vergewaltigung innerhalb der Ehe als eigenständiger Straftatbestand. Seit 2016 handelt strafbar, wer sich über den erkennbaren Willen des Gegenübers hinwegsetzt. Millionen Menschen weltweit sind betroffen, vor allem, aber nicht ausschließlich, Frauen

Nach Schätzungen erlebt weltweit jede dritte Frau Gewalt im Laufe ihres Lebens, in der überwiegenden Anzahl der Fälle geschieht dieses in der Beziehung. Die meisten Fälle kommen aus dem unmittelbaren sozialen Umfeld. Schamgefühlt verhindert häufig eine offene Ansprache seitens der Betroffenen. Weitreichende körperliche und psychische Folgen können auftreten. Nicht selten zeigen sich langfristige körperliche Symptome als Folge der psychischen Belastung – beispielsweise Kopfschmerzen oder Magen-Darm-Beschwerden. Weitere mögliche Folgen sind Angststörungen, Depressionen und posttraumatische Belastungsstörung. Scheuen Sie nicht uns anzusprechen.

  • Angebote bei partnerschaftlicher und sexualisierter Gewalt
  • Wildwasser.de
  • Weisser-ring.de     Tel.: 116006
  • Netzwerk Probeweis      Tel.: 0511 532-4599
  • Staerker-als-gewalt.de
  • Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“; Tel.: 0800 116016
  • BIG Hotline „Hilfe bei häuslicher Gewalt gegen Frauen und ihre Kinder“
  • Frauenhauskoordinierung frauenhaus-koordinierung.de
  • Angebot für Minderjährige die von Gewalt betroffen sind: Nummer gegen Kummer; Tel.: 0800 111 0333

Der Einfluss von Psyche, Stoffwechsel, Medikamenten, Hormonen und Operationen auf die Sexualität


In der Allgemeinbevölkerung klagen 40 % der Frauen und 30 % der Männer über sexuelle Probleme. Bei Vorhandensein psychiatrischer Erkrankungen liegt diese Zahl deutlich höher. Es handelt sich um Libido-, Erregungs- und Orgasmusstörungen. Eine Depression erhöht die Wahrscheinlichkeit einer sexuellen Funktionsstörung, gleichzeitig kann eine sexuelle Funktionsstörung das Auftreten einer Depression begünstigen.

Auch neurologische Erkrankungen ( z.B. Multiple Sklerose), Stoffwechselerkrankungen (Schilddrüsenfunktionsstörungen; das metabolisches Syndrom, die Einnahme von Medikamenten/Drogen können die Sexualität negativ beeinflussen.

Das metabolische Syndrom – Übergewicht (v.a. im Bereich des Bauches), Bewegungsmangel, Diabetes, Bluthochdruck und Hypercholesterinämie – korrelieren mit dem Auftreten von sexuellen Funktionsstörungen. Etwa 50 % der Frauen und 60 % der Männer in Deutschland sind mit einem BMI (Body.Mass-Index) von > 25 übergewichtig.

Hohe Testosteronspiegel, z.B. im Rahmen eines Polyzystischen Ovarsyndroms, aber auch niedrige Testosteronspiegel, haben Einfluss auf die Sexualität. Die Hirnanhangsdrüse produziert Prolaktin. Eine Hyperprolaktinämie, z.B. als Folge der Einnahme von Medikameten, einer Schilddrüsenunterfunktion, der Einnahme der „Pille“ oder eines Tumors der Hirnanhangsdrüse, kann sexuelle Lustlosigkeit verursachen.

Der Konflikt mit dem eigenen Körperbild, z.B. im Rahmen von Übergewicht, steht im Zusammenhang mit verminderter sexueller Aktivität. Übergewicht erhöht nämlich die Wahrscheinlichkeit an einer Angsterkrankung oder Depression zu erkranken. Die Symptome dieser Erkrankungen, aber auch Medikamente die in diesem Rahmen eingenommen werden, können die sexuelle Aktivität beeinflussen.

Gynäkologische Erkrankungen wirken, durch die Erkrankung selbst, aber auch durch die mit ihr verbundenen Therapien (Operationen, Chemotherapie) auf die weibliche Sexualität. Gutartige Tumore der weiblichen Geschlechtshormone, Endometriose, Blutungsstörungen, Gebärmutter- und Blasensenkungen beeinflussen diese.

Im Prozess der Wechseljahre nimmt die Produktion der weiblichen Geschlechtshormone kontinuierlich ab, ein Abbau der Scheidenschleimhaut ist die Folge (trockene Scheide“), Schmerzen beim Geschlechtsverkehr können resultieren.  Die Wechseljahre stehen auch im Zusammenhang mit einer Verringerung der Libido, des Orgasmuserlebens  und der Abnahnme der körperlichen Leistungsfähigkeit und beeinflussen auf diesem Weg die weibliche Sexualität.

Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie)


Die Ursachen von Schmerzen beim Geschlechtsverkehr können somatischer (körperlicher) oder psychischer Natur sein, auch eine Kombination beider Ursachen ist möglich.

Dyspareunie ist für betroffene Frauen oder Paare sehr belastend, kann aber meist gut behandelt werden. Ursächlich kommen Infektionen, Lichen, Endometriose, Verwachsungen, Gburtsverletzungen, Myome, Fehlbildungen, Vulvodynie, das Levator-ani-Syndrom und Scheidentrockenheit in Frage.

Psychische Faktoren betreffen die Partnerschaft, Ängste und Gewalterfahrungen. Beim Levator-ani-Syndrom kommt es aus Angst vor Schmerzen beim Geschlechtsverkehr zu einer Aktivierung der Beckenmuskulatur und somit zu Schmerzen.

Die Dyspareunie kann am Scheideneingang, den großen Vulvalippen, der Klitoris, am Damm und am After auftreten oder den Unterbauch mit Gebärmutter, Eierstöcken, Blase und Mastdarm betreffen.

Bis zu 19 % aller Frauen sind betroffen.

Diagnostisch muss mindestens eines der folgenden Symptome vorliegen:

  • Erhebliche Schmerzen während des Verkehrs oder der versuchten Penetration
  • Starke Angst vor Schmerzen in Erwartung von, während oder aufgrund einer vaginalen Penetration
  • Deutliche Verspannungen oder Versteifungen der Beckenmuskulatur während der versuchten Penetration der Scheide

Zunächst erfolgt die Erhebung der körperlichen und psychischen Anamnese. Im Rahmen der Inspektion von Vulva und Scheide achten wir auf anatomische Besonderheiten, die für eine Dyspareunie verantwortlich sein können (z.B. Bindegewebssepten in der Scheide oder ein verengtes Jungfernhäutchen). Diese Untersuchung ist für die Patientinnen oft eine große Überwindung. Häufig kommt es aufgrund der Schmerzerfahrung in der Vorgeschichte zu einer starken Anspannung der Oberschenkel- und Beckenmuskulatur und somit zu einem Teufelskreis der Schmerzerfahrung. Die Patientin wird daher zur bestmöglichen Entspannung angeleitet, eine Untersuchung ist dann oft ohne Schmerzen möglich.

Die Therapie richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Unabhängig von dieser kann die Lubrikation (Feuchtigkeit) in der Scheide durch ein längeres Vorspiel, Gleitgele oder im Rahmen der Wechseljahre mittels einer Hormonersatztherapie erhöht werden. Auch Sexual-Stellungen bei denen die Frau die Tiefe des Eindringens des Penis bestimmen kann, können hilfreich sein. Die Patientinnen werden zu Einführübungen mit dem eigenen Finger oder mit Dilatoren angeleitet. Hierbei ist wichtig, dass die Penetration schmerz- und angstfrei erlebbar ist, wenn sie durch sich selbst erfolgt. Sofern ein Partner vorhanden ist, wird dieser in die Therapie mit einbezogen.
Auch eine sexualtherapeutische Begleitung kann notwendig sein.


Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an.

Weibliche Orgasmusstörung


Im Rahmen des Orgasmus werden Oxytocin und Prolaktin in der Hirnanhangsdrüse ausgeschüttet. Diese Hormone begünstigen die zwischenmenschliche Bindung, mindern Schmerzen und fördernSchlaf. Frauen erleben seltener Orgasmen als Männer („orgasmgap“) – die Ursachen dafür sind nicht eindeutig belegt. Ein Erklärungsansatz ist, dass der weibliche Orgasmus für die Fortpflanzung nichtnotwendig ist.

Diagnostisch muss die Orgasmusstörung Leidensdruck verursachen, seit vielen Monaten bestehen und häufig auftreten.

Nach dem Libidomangel ist es die zweithäufigste Sexualproblematik mit ca. 5%., nur die Hälfte der Patientinnen leidet aber darunter. Betroffene Patientinnen leiden oft auch an Angststörungen und Depressionen.

Es gibt den klitoridalen und vulvo-vaginalen Orgasmus. Häufig wird eine adäquate Stimulation des Vulvo-Vaginalkomplexes unzureichend berücksichtigt. Es handelt sich bei diesem Komplex um große, verborgene Schwellkörper, die sich bei Erregung ausdehnen und viele Nervenendigungen besitzen.

Oft führen Paarproblematiken zu Konsultationen von Sexualtherapeuten/-innen. Neben Depressionen und Angst, treten auch Libidomangel, Dyspareunie und unerfüllter Kinderwunsch beiBetroffenen vermehrt auf.

Unterschieden wird zwischen somatischen, medikamentösen/Drogen und genetischen Ursachen der weiblichen Orgasmusstörung. Zu den somatischen Ursachen gehören Erkrankungen wie z.B. MultipleSklerose, eine Neuropathie in Folge eines Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Depressionen. Medikamente wie SSRI´s oder Drogen wie Alkohol und Cannabis kommen als weitere Ursachen in Betracht. Zudem ist die Orgasmusschwelle bei Menschen unterschiedlich.

Orgasmusstörungen werden bei Frauen mit erhöhtem Kontrollbedürfnis, leistungsorientierten Frauen, unsicheren Frauen und bei Frauen mit verstärkter Neigung zur Selbstbeobachtung gehäuft beobachtet. Weitere beeinflussende Faktoren sind die Partner-Beziehung, Körperhygiene, kulturelle, ideologisch-moralische Faktoren sowie die Erziehung, Religion und das weibliche Selbstverständnis.

Über diese beeinflussenden Faktoren sowie die anatomischen und physiologischen Grundlagen des weiblichen Orgasmus sollten die Frauen, sofern ein Leidensdruck besteht, aufgeklärt werden. Dasbetrifft auch die fälschliche Höherbewertung des vaginalen Orgasmus gegenüber dem klitoridalen Orgasmus. Liegen vor allem hemmende Faktoren vor oder fehlt es v.a. fördernden Faktoren?

Über 90 % der Frauen können, bei ausreichender Stimulation, einen Orgasmus erleben

Verminderte Libido – sexuelle Lustlosigkeit


Als erste Frage stellt sich, ob die sexuelle Lust persönlich vermisst wird oder ein Konflikt mit dem Partner besteht aufgrund zu geringer sexueller Interaktion. Es existiert kein Normwert für die Häufigkeit sexueller Interaktion.

Ein vermindertes sexuelles Interesse ist das häufigste Sexualproblem bei Frauen. Es betrifft ca. ein Drittel der Frauen, Leidensdruck besteht jedoch nur bei ca. 12 % der Patientinnen. Psychozoziale (Depression, Körperbild, Stress, Orgasmusstörung etc.), körperliche (Harninkontinenz, Hormonstörungen, Hormonmangel/Wechseljahre, Medikamente, Krankheiten) paarbezogene Faktoren (Partnerkonflikte) und die Konstitution (angeborene Eigenschaften, körperliche und seelische Grundausstattung) beeinflussen die Libido. Ist die Ursache identifiziert, ist es möglich an der entsprechenden Stellschraube zu drehen – z.B. sexualmedizinische Gesprächsintervention oder medikamentöse Intervention.