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Wechseljahre


Allgemeine Information zu den Wechslejahren

Jedes Jahr haben etwa 450.000 Frauen in Deutschland ihre letzte funktionelle Blutung und erreichen somit die Menopause. Das durchschnittliche Alter der Frauen beträgt dabei 51 Jahre.

Mit dem Beginn der Wechseljahre beginnt eine Abnahme der Eierstockfunktion, die Östradiolproduktion der Eierstöcke geht immer weiter zurück. Der Zeitraum zwischen dem 40. Lebensjahr und den Wechseljahren (Klimakterium) nennt man Prämenopause, hier treten schon die ersten hormonellen Veränderungen ein. Wenn diese Veränderungen bereits vor dem 40. Lebensjahr eintreten, reden wir über eine vorzeitige Menopause (Prämature Ovarialinsuffizienz, POI).

Das Klimakterium, auch Perimenopause genannt, umfasst die jeweils etwa einjährigen Zeiträume vor und nach der Menopause und ist mit starken Schwankungen der weiblichen Hormonspiegel (FSH-, LH-, Östradiolspiegel) verbunden.

Definitionsgemäß befindet sich eine Frau in der Postmenopause, wenn zwölf Monate lang keine Regelblutung mehr aufgetreten ist.

Aufgrund des Östrogenmangels können während dieser Jahre Symptome auftreten, welche die Lebensqualität der Frau unter Umständen stark einschränken. Ein Drittel der Frauen hat nur leichte Beschwerden bzw. ist beschwerdefrei und benötigt keine Therapie, ein Drittel hat mäßige Symptome, die sich durch Lebensstilveränderungen und mit Hilfe von pflanzlichen Präparaten gut behandeln lassen. Ein weiteres Drittel leidet unter starken Beschwerden – hier ist die Indikation für eine Hormonersatztherapie (HRT) gegeben.

Hauptsymptome sind Hitzewallungen und Schweißausbrüche. Hitzewallungen äußern sich durch ein plötzliches Hitzegefühl im Gesicht und am Oberkörper, das sich auf den ganzen Körper ausbreiten kann und in der Regel für zwei bis vier Minuten anhält. Die vasomotorischen Beschwerden verschwinden im Mittel nach sieben Jahren wieder.

Der Östrogenmangel kann auch zu urogenitalen Symptomen führen. Dazu gehören die vaginale Trockenheit, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie) sowie Juckreiz und ein unangenehmes Gefühl im Intimbereich. Durch die sinkenden Östrogenspiegel wird die Scheiden- und Vulvalippenschleimhaut dünner und verliert an Elastizität, langfristig kann es zur Verengung der Scheide kommen. Dieses Symptom tritt bei 20 % der Frauen bereits während der frühen oder späten Perimenopause auf. Im Gegensatz zu vasomotorischen Symptomen (Hitzewallungen und Schlafstörungen) kommt es ohne Behandlung nicht zu einer Verbesserung der vaginalen Atrophie. Der Östrogenmangel wirkt auch auf die Harnröhre und Harnblase und kann zu Blasenschwäche (Inkontinenz) und Schmerzen beim Wasserlassen (Dysurie) führen.

Psychische Veränderungen wie Stimmungslabilität, depressive Verstimmung und Reizbarkeit sind weitere mögliche Symptome. Weitere klimakterische Symptome umfassen sexuelle Probleme wie eine verminderte Libido. Langfristige Folgen des Hormonmangels sind ein Knochenabbau, der zu einer Osteoporose führen kann. Ferner steigt das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen.

Therapie der Wechseljahresbeschwerden-Hormonersatztherapie (HRT)

Die Hormonersatztherapie dient dem Zweck Wechseljahresbeschwerden zu behandeln. Zu diesen Beschwerden gehören vor allem Hitzewallungen/Schweißausbrüche und Schlafstörungen.

Ursache für Wechseljahresbeschwerden ist die fortschreitende Abnahme der im Eierstock gebildeten Hormone. Dabei kommt es häufig zu unregelmäßigen vaginalen Blutungen.

Therapeutisch wird zwischen einer hormonellen, nicht-hormonellen und nicht-pharmakologischen Behandlung unterschieden.

Die hormonelle Behandlung umfasst Hormonersatztherapien in Form von Pflastern, Sprays, Gelen, Tabletten und Zäpfchen. Die Medikamente enthalten die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und/oder Gestagen.

Die nicht-hormonelle Behandlung umfasst frei-verkäufliche Präparate wie Isoflavone und Cimifuga-Präparate.

Die nicht-pharmakologische Therapie umfasst u.a. die kognitive Verhaltenstherapie.

Frauen mit Gebärmutter erhalten eine HRT mittels Östrogen und Gestagen.

Frauen ohne Gebärmutter erhalten lediglich ein Östrogen. Das Gestagen dient dem Schutz der Gebärmutterschleimhaut vor einem zu starken Aufbau und sollte für 10-12 Tage während desMonates eingenommen werden.

Die Hormonersatztherapie kann ohne Pause, also ohne Auslösen einer vaginalen Blutung (v.a. Postmenopause – diesebeginnt 12 Monate nach dem Auftreten der letzten Regelblutung), oder mit Pause (v.a. Perimenopause, s.o.) erfolgen.

Frauen über 50 Jahre sollen für die Dauer von 1 Jahr nach der letzten Regelblutung verhüten, Frauen unter 50 Jahre für 2 Jahre nach der letzten Regelblutung.

Die Frequenz der Hitzewallungen pro Woche lässt sich durch jede Form der HRT um 75% reduzieren.

Im Rahmen der SWAN-Studie konnte gezeigt werden, dass der Zeitraum in dem Frauen häufige Hitzewallungen wahrnehmen(> 6 Tage in den vergangenen 2 Wochen) ca. 7 Jahre umfasst. Beginnen diese Beschwerden bereits vor den Wechseljahren, halten diese Beschwerden meist auch länger an.

In den Bereich der nicht-hormonellen Präparate gehört u.a. Cimifuga rosacea (Traubensilberkerze). Auch Phytoöstrogene (Sojamilch, Sojamehl, Rotkleeextrakt, Leinsamenextrakt, Genistein)gehören zu der nicht-hormonellen Behandlung von Wechseljahresbeschwerden. Phytoöstrogene scheinen die Frequenz von Hitzewallungen zu reduzieren, nicht aber die Frequenz nächtlicherSchweißausbrüche.Daneben vermag auch Johanniskraut die Frequenz von Hitzewallungen zu reduzieren, insbesondere für Frauen nach einer Brustkrebserkrankung ist Johanniskraut eine Behandlungsmöglichkeit.Eine weitere Möglichkeit besteht in der Anwendung von Akupunktur, Tiefenentspannung und kognitiver Verhaltenstherapie.

Verschreibungspflichtige Psychopharmaka, SSRI ́s (Selektive-Serotonin-Rezeptor-Inhibitoren) und SNRI´s (Selektive-Noradrenalin-Rezeptor-Inhibitoren) führen auch zu einer Reduktion von Wechseljahresbeschwerden.

Wirkungen und Nebenwirkungen einer HRT

Mögliche Nebenwirkungen einer HRT umfassen Brustspannen, Ödeme, Gelenkschmerzen und psychische Symptome.

In der folgenden Tabelle zeigen sich das häufigere und seltenere Auftreten von Erkrankungen unter einer ÖPT (Östrogen-Progesteron-Therapie) und ÖT (Östrogen-Therapie).

Die transdermale (über die Haut) Verabreichung der Östrogene hat, anders als die Einnahme in Tablettenform, kein erhöhtes Thrombose- und Schlaganfallrisiko.
Im Folgenden gehen wir auf einige Ereignisse genauer ein:

Differenz der Ereignisse pro 10.000 Frauenjahr (95% Konfidenzintervall)
EreignisEPR oralET oral
Invasiver Brustkrebs9 (1 bis 19)-7 (-14 bis 0,4)
Koronare Herzerkrankung8 (0 bis 18)-3 (-12 bis 8)
Schlaganfall9 (2 bis 19)11 (2 bis 23)
Venöse Thromboembolie (einschließlich Lungenembolie)21 (12 bis 33)11 (3 bis 22)
Demenz (warscheinlich)22 (4 bis 53)12 (-4 bis 41)
Gallenblasenerkrankung21 (10 bis 34)30 (16 bis 48)
Harninkontinenz876 (606 bis 1168)1261 (880 bis 1689)
Darmkrebs-6 (-9 bis -1)2 (-3 bis 10)
Eierstockkrebs2 (-1 bis 6)Keine Daten
Lugenkrebs1 (-1 bis 7)1 (-4 bis 8)
Knochenbrüche (Osteoporose)-44 (-71 bis -13)-53 (-69 bis -39)
Diabetes-14 (-24 bis -3)-19 (-34 bis -3)
Gesamtsterblichkeit1 (-9 bis 12)1 (-10 bis 14)

Belastungs- Harninkontinenz

Eine vaginale ÖT kann eine Harninkontinenz bei postmenopausalen Frauen verbessern.
Patientinnen sollen vor einer systemischen ÖT/ÖPT darüber informiert werden, dass diese zum Auftreten oder zur Verschlechterung einer Harninkontinenz führen kann. Beckenbodentraining wird empfohlen.

Dranginkontinenz

Eine systemische HRT kann eine vorhandene Harninkontinenz verschlechtern. Eine vaginale ÖT kann bei überaktiver Blase (OAB) angeboten werden.

Rezidivierende HWI

Bei rezidivierenden Harnwegsinfekten postmenopausaler Frauen sollte vor Beginn einer antibiotischen Langzeitprävention eine vaginale ÖT durchgeführt werden.


Thrombose (Blutgerinnsel)

Das Thromboserisiko unter oraler ÖT und ÖPT ist erhöht, dieses gilt nicht für die transdermale Applikation. Das Risiko verdoppelt sich durch eine HRT um etwa zwei Fälle pro 1000 behandelte Frauen pro Jahr – sollten Risikofaktoren bzgl. des Auftretens einer Thrombose, wie z.B. Übergewicht oder eine Faktor-V-Leiden-Mutation vorliegen, sollte die HRT transdermal (z.B. als Gel über die Haut) verabreicht werden.

Zerebrovaskuläre Ereignisse (Schlaganfall)

Eine orale ÖPT erhöht das Risiko für ischämische zerebrovaskuläre Ereignisse möglicherweise, nicht aber eine transdermale ÖT.
Es gibt Hinweise, dass das kardiovaskuläre Risiko, bei Beginn der HRT in den ersten 10 Jahren nach der Menopause, vermindert ist!

Osteoporose (Verminderung der Knochenmasse)

Eine HRT führt zu einer deutlichen Erniedrigung für das Risiko für Osteoporose-bedingte Frakturen.

Brustkrebs

Brustkrebs in der persönlichen Vorgeschichte der Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind oder waren, sollen keine Östrogene, keine Gestagene, kein Tibolon und keine Phytoöstrogene (z.B. Isoflavone, Genistein, Rheum rhapontikum, Rotklee) zur Behandlung ihrer vasomotorischen Symptome bekommen.
Akupunktur, Kognitive Verhaltenstherapie, Johanniskraut (Cave Interaktionen mit Docetaxel, Antikoagulantien und Midazolam) stellen nach dem heutigen Wissensstand sichere Behandlungsansätze dar, weil sie keine östrogenartige Wirkung entfalten. Bei Cimicifuga ist es umstritten, ob die Wirkung über Östrogenrezeptoren erfolgt oder nicht. Die SSRI ́s (Selektive-Serotonin-Rezeptor-Inhibitoren) Paroxetin und Fluoxetin können die Wirkung von Tamoxifen möglicherweise beeinträchtigen.

Gebärmutterschleimhautkrebs

Bei Frauen mit vorhandener Gebärmutter muss eine HRT aus einem Östrogen und einem Gestagen
bestehen. Das Gestagen dient dem Schutz der Vorbeugung eines Gebärmutterschleimhaukrebses.
Die kontinuierlich-kombinierte Einnahme einer HRT bis zu einer Dauer von 5 Jahren geht mit einem verminderten Auftreten eines Gebärmutterschleimhautkrebses einher.

Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom)

Frauen, die eine HRT erwägen, sollen darüber aufgeklärt werden, dass eine ÖT bzw. ÖPT das Ovarialkarzinomrisiko erhöhen können. Die Wirkung kann bereits bei Anwendungszeiten von unter 5 Jahren auftreten und reduziert sich nach Absetzen der Therapie. Absolut erhöht sich das Risiko um einen Fall bei 1000 Anwenderinnen.

Dickdarmkrebs

Frauen sollen darüber aufgeklärt werden, dass eine HRT das Risiko für kolorektale Karzinome senken kann. Bei einer ÖPT treten gegenüber Nichtanwenderinnnen statt 16 nur 10 Karzinome/ 10.000 Frauen/ Jahr auf.

Erkrankungen der Gallenblase und Gallengänge

Eine HRT (ÖGT und ÖT) erhöht das Risiko für Gallenwegserkrankungen (z.B. Gallensteine). Dieses gilt
v.a. für Patientinnen mit Übergewicht und vorausgegangener Gallenwegsoperation, aber auch weniger für die transdermale Anwendung der HRT.